Und weiter geht es mit der lockeren Serie: "Radio aus eigener Herstellung" #
DIYradioDiesmal reisen wir in das Jahr 1999. Im Rahmen des Festivals "Puppen Spiel Leipzig" führte der Berliner Multimediakünster Joachim "Hamste" Damm seine grenzüberschreitende Puppenspielperformance "No Time To Lose" auf. Ich erinnere mich noch genau, im Anschluß fühlte ich mich wie betäubt, überwältigt, ohne jedoch zu verstehen, was ich da gerade gesehen hatte. Auch der Flyer half nicht viel weiter, gab ebenfalls nur ein paar Assoziationsfetzen. Doch darüber habe ich während des Stücks gar nicht wirklich nachgedacht. Erst danach erfolgte das schwierige Auftauchen in der Wirklichkeit und die Frage: Was habe ich da gerade erlebt? Und noch drängender: Wie sollte daraus ein Beitrag entstehen, wenn ich selber gar nicht wußte, worum es ging?
Für den nächsten Tag war ich mit Hamster Damm verabredet. Es war ein schöner sonniger Tag, wir saßen auf einer Bank vor einem sehr künstlerischen Galeriehotel in Leipzig, und die Erinnerung an diese erstaunlich entspannte Gesprächssituation kehrt jedesmal zurück wenn ich dort vorbei komme. Und das ist in den letzten Jahren ziemlich häufig. Dieses Gespräch hat mir in der Tat sehr geholfen. Weniger dabei, wirklich zu
verstehen, vielmehr dabei, nicht unbedingt verstehen zu
müssen. Zum Abschied drückte er mir noch die zum Stück gehörige CD in die Hand. Diese höre ich auch heute noch ausgesprochen gerne.
Mit dem Beitrag hatte ich dann so meine Schwierigkeiten. Wie von etwas berichten, das ich selber gar nicht wirklich verstand? Die Musik half mir, und auch daß Hamster Damm so sehr schön in zum Nachdenken anregenden, gut verwendbaren Passagen geantwortet hatte. Als ich es dann noch schaffte, einen Schritt zurück zu gehen und nicht zwangsweise als auktoriale Instanz fungieren zu müssen, wie es im Feulleton ja so häufig zu erleben ist, zu dem Zeitpunkt baute sich der Beitrag quasi von selbst. Er ist mir heute sehr lieb und wertvoll, hält er doch die Erinnerung an einen tollen Abend und ein interessantes Gespräch wach.
Inzwischen bin ich erstaunt, wie tief Hamster Damm mir aus der Seele sprach. Man muß nicht immer alles verstehen, um davon bewegt zu sein. Und auch Radio muß mal mit diesem Spannungsfeld umgehen können.
Danke an Hamster Damm für ein noch heute nachwirkendes Erlebnis.